KRÄUTER & GEWÜRZE –
DIE REISE DER AROMEN
GEWÜRZKAMMER ASIEN
Eine Trennung zwischen Arzneipflanzen, Küchenkräutern und
Gewürzen ist nicht notwendig, wenn man der Definition folgt, dass
alle Aromen und Wirkstoffe enthalten, die den Geschmack von Speisen
beeinflussen, verändern und verfeinern. Bereits die christlichen
Kreuzzüge brachten die Ritter mit den verbesserten Essgewohnheiten
der Orientalen in Berührung. Bei den Mönchen im Benediktinerkloster
von Monte Cassino galt die Urbarmachung des Landes samt Gartenbau als
Ordenspflicht. Sie zogen von ihrem Stammkloster über die Alpen
in den deutschsprachigen Raum und brachten viele heilkräftige Pflanzenarten
mit. Der Vita Caroli Magni entnehmen wir, dass Karl
I. die Mönche seines Reiches veranlasste, sich mit der Heilkunst
zu beschäftigen und Arzneipflanzen anzubauen..
Eine besondere Stellung nimmt das Capitulare Caroli Magnum
de villlis vel curtis imperialibus ein. Im letzten Kapitel
, dem 70. steht geschrieben: „Wir befehlen: dass sie in den
Gärten die Kräuter haben, nämlich Lilien, Schwarzkümmel,
Runkelrüben, Rosen, Weißer Senf, Haselwurz, Bockshornklee,
Gartenrauke, Eibisch, Frauenminze, Kresse, Malven, Salbei, Klette, Karotten,
Poleiminze, Pastinaken, Eberraute, Myrrhendolde, Melde, Gurken, Petersilie,
Mauskraut, Melonen, Sellerie, Kohlrabi, Kürbisse, Liebstöckel,
Kohl, Faseolen, Sadebaum, Zwiebeln, Kreuzkümmel, Dill, Schnittlauch,
Rosmarin, Fenchel, Porree, Feldkümmel, Endivie, Rettich, Kichererbsen,
Weißwurz, Schalotten, Meerzwiebel, Senf, Lauch, Schwertlilien,
Bohnenkraut, Knoblauch, Schlangenwurz, Brunnenkresse, Krapp, Anis, Minze,
Kardendistel, Coloquinten, Krauseminze, Pferdebohnen, Heliotrop, Rainfarn,
Kichererbsen, Bärenwurz, Katzenminze, Koriander, Sesel, Tausendgüldenkraut,
Kerbel, Salat, Schlafmohn, Wolfsmilch, Muskat, Salbei; und soll der
Gärtner über seinem Hause Hauslauch (Donnerkraut) haben“.
Von Indonesien transportierten chinesische und malaiische Boote im
Mittelalter die Gewürznelken und Muskatnüsse nach Ceylon.
Persische und ägyptische Kaufleute übernahmen diese, sowie
die aus Indien stammenden Gewürze – Pfeffer von der Malabarküste
und Ingwer – und verfrachteten sie durch das Rote Meer nach Alexandrien.
Dort erstanden venezianische Kaufleute die Güter, um sie gewinnbringend
über Venedig auf dem Landweg an das mittlere und nördliche
Europa weiterzuverkaufen. Auch am Seeweg reisten die Waren über
Palermo von Sizilien in Richtung Westen. Sie segelten die spanischen
Häfen an, weiter über Gibraltar nach Portugal, an die Westküste
Frankreichs, Flanderns und bis nach England. Von Chinesisch-Turkestan
durch Zentral- und Vorderasien führten die Kamelkarawanen nach
Basra am Persischen Golf, dann durch Persien nach Täbris, über
Armenien in das russische Rostow.
WAS RIECHT UND SCHMECKT
In dem Zeitraum von 1200 bis 1400 n. Chr. begründete Venedig seinen
Reichtum durch Gewürz-, Seiden- und Ölhandel. Venedig durfte
sich zu der Zeit mit 200.000 Einwohnern als die größte Stadt
des Abendlandes benennen. Aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind aus dem
europäischen Raum mehr als 100 Handschriften überliefert,
die kulinarische Rezepte enthalten. In adligen Haushalten oder bei reichen
Bürgern waren andere Würzmittel in Verwendung als bei den
Armen auf dem Lande. Zum Ende des 15. Jahrhunderts fanden die Türkenkriege
statt, wodurch der Orienthandel Venedigs zum Erliegen kam und Vasco
da Gama entdeckte zudem den Seeweg nach Fernost. 1542 datiert das erste
Kochbuch in deutscher Sprache, die Würzburger Pergamenthandschrift.
Der Prolog besagt: „Diz buoch sagt von guoter spise Das machet
die unverichtigen köche wise“. (Dieses Buch sagt von
guter Speise, das macht die unverständigen Köche weise).
WENN JEMAND EINE REISE TUT, SO KANN ER WAS ERZÄHLEN
Nach Beendigung der spanischen Macht vereinigten die Holländer
1602 ihre Niederlassungen und richteten ihre Ostindische Kompanie (V.O.C)
ein. Der betriebene Gewürzhandel der Holländer war ein blutiges
Geschäft, unvorstellbare Grausamkeit gegenüber der indonesischen
Bevölkerung gepaart mit blanker Geschäftsgier. 1622 eroberten
englische Truppen Hormuz und schnitten damit den Portugiesen den Weg
nach Ostasien ab. Sie nahmen nach und nach den Holländern alle
Kolonien ab. Um 1802 war diese Aktion mit dem Hinauswurf aus Ceylon
abgeschlossen, denn gerade hatte Napoleon Holland besetzt. Holland wurde
damit endgültig um die Vormachtstellung im Gewürzhandel gebracht.
1799 war die holländische Ostindien-Kompanie im Finale in Konkurs
gegangen. Viele Menschen, viele Völker, selbst eine Menge Tiere
haben eine große Reise hinter sich. „Wenn jemand eine
Reise tut, so kann er was erzählen.“ Das welches seit
jeher vermutlich am allerhäufigsten und am weitesten in Bewegung
war, sind Kräuter und Gewürze – die Reise der Aromen!
AUTOR: © Prof. Ali
Meyer | Wien
QUELLE: © Prof. Ali Meyer | Am Set mit Big Buddha
| Buchmanuskript
BILDER oben: © Ali Meyer | Borobudur und Yogyakarta | Central
Java
BILDER unten: Zeitgeschichte | V.O.C. | Verenigde Oostindische
Compagnie | Aktie von 1606 und Flagge
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