DORONA
– DIE WIEDERGEBURT VENEZIANISCHER WEINKULTUR
BILD oben: Canaletto
(Giovanni Antonio Canal) | 1697-1768 | The Bacino di San Marco on Ascension
Day 1732/33 | oil on canvas | © The Royal Collection
Wissen sie eigentlich was ein Flüssiger Schatten ist? Dai,
andemo a bever un’ombra – „Los, lass
uns ein Gläschen trinken“. Das ist ein bekannter und
berüchtigter venezianischer Spruch. Um den heutigen Massen der
Touristen auszuweichen geht man besser in kleine Traditionslokale wie
in das Antico Dolo oder das Do Mori am Obst- und Gemüsemarkt. Dort
und in anderen Bars bekommt man un'ombra, so wie die
Venezianer ein Gläschen zwischendurch benennen. Zur Ombra genehmigt
man sich cicchetti — kleine Köstlichkeiten
wie eingelegte Sardinen und Fischbällchen bzw. Wurstbrote und Brötchen
mit frischem Gemüse. Das ist alles immer sehr preiswert.
Ombra ist ein nicht
teurer junger offener Wein, der um 1 Euro pro Glas in den Bars feilgeboten
bzw. für 2 Euro pro Liter in den vinaie, kleinen
Geschäften, verkauft wird. Steigert man das Qualitätsniveau
gibt es diverse Möglichkeiten. In Harry's Bar hat Besitzer Arrigo
Cipriani den Bellini-Cocktail und das Carpaccio zu mittlerweile beachtlichen
Weltruhm verholfen. Venedig verfügt auch über eine sehr gehobene
Weinkultur. Die Dorona-Rebe ist ein einzigartiges Gewächs.
Der Name Dorona kommt vom italienischen Wort „oro“
für Gold. Das einzigartige Terroir verleiht diesem Wein seine intensive
gold-orangene Farbe. Seit der Regierungszeit der Dogen durfte sich die
weit verbreitete „Goldene Traube“ großer
Beliebtheit erfreuen – bis in den 1960er Jahren Hochwasser scheinbar
alle Weingärten und Reben in der Lagune zerstörte. Die Vermutung
des totalen Verlustes hat sich aber als anscheinend herausgestellt, spürte
nämlich die Winzerfamilie Bisol vereinzelte weit verstreute Rebstöcke
auf. Die Bisol´s stammen jedoch nicht aus der Lagune, sondern
aus dem Norden Venetiens, wo sie seit gut 500 Jahren ihr Weingut in
der Provinz Treviso bewirtschaften.
Die Inseln Burano, Torcello und Mazzorbo liegen nordöstlich von
Venedig dicht beieinander. Im Jahre 2002 entdeckte Gianluca Bisol auf
einer Reise in die Lagune von Venedig auf der Insel Torcello die verloren
geglaubte Rebsorte im Garten von Nicoletta Emmer. 88 Reben fand man
dann auf verschiedenen Inseln, oft versteckt an den unmöglichsten
Orten in der Lagunenstadt. In Folge gründeten die Bisol´s
auf der Nachbarinsel Mazzorbo das Weingut Venissa, welches bis heute
von Sohn Mateo geführt wird. Natürlich hat der Anbau seine
Tücken mit dem Salz in der Luft, im Boden und zuletzt im Grundwasser,
erhält aber der Wein gerade durch das versickernde Salzwasser sein
ganz typisches Aroma. „Mazzorbo werde heute nur noch selten
überflutet und der Weingarten ist zudem mit einem guten Entwässerungssystem
ausgestattet.“ merkte Mateo Bisol dazu an.
2010 konnte erstmals
eine Lese eingefahren werden. Die Sherry-Note des Venissa Weißweins um wohlfeile
140,-- € für eine 0,5 Liter Flasche ist nicht gerade ein Schnäppchen,
ist diese aber von Hand mit Blattgold verziert und natürlich jeweils
nummeriert. Die Produktion ist limitiert, mehr als 2500 Stück davon
sind pro Saison nicht verfügbar. Der Rotwein Rosso Venissa übrigens
– aus Merlot und Caraménère hergestellt –
wird auf der ebenfalls in der Lagune beheimateten Insel Santa Cristina
angebaut. Nun sind fast an die 5.000 Rebstöcke der Dorona-Traube
in Venedig beheimatet. Es ist die Wiedergeburt der venezianischen Weinkultur.
AUTOR: © Prof. Ali Meyer | Wien
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