Samstag, den 27. April 2024

ZÜNFTE & GILDEN

Den Vorläufer städtischer Zünfte – collegium – gibt es seit der römischen Kaiserzeit. Diese dienten vor allem der steuerlichen Erfassung ihrer Mitglieder. Die Anfänge des Zunftwesens in Mittel-, West- und Nordwesteuropa sind im Hochmittelalter zu finden, als zahlreiche Stadtgründungen zunahmen, sich die Handwerkszweige in den Städten spezialisierten. Die mittelalterlichen Zünfte symbolisierten ihr Berufs- und Gemeinschaftsverständnis in Form von Zunftzeichen.

Seit dem Mittelalter und bis zur Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Vereinigung von Handwerksmeistern neben dem nun gängigen Begriff Zunft auch als Gilde bzw. Zeche bezeichnet. Heute benennt die wissenschaftssprachliche Übereinkunft im deutschsprachigen Raum den Zusammenschluss von Handwerksmeistern als Zunft und den Zusammenschluss von Kaufleuten seit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit als Gilde.

Diese Zunftzeichen sind teilweise von einem Wappenschild umgeben. Die Zünfte sind längst vergangen, ihre Ausdrucksform durch Symbole existiert immerfort. Das wird nach wie vor dargestellt, mitunter mit traditionellen Nasenschildern.* Die Getreidegasse in Salzburg dokumentiert das regelrecht im Überfluss, denn links und rechts hängen eine beachtliche Anzahl von Nasenschildern*, kannst du dich bestens orientieren und durch die Branchen lesen.

Die Zeit der Wanderschaft zünftiger Gesellen nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit Auf der Walz – ist wie z.B.: bei den Steinmetzen – manchmal noch üblich. Einige von den jungen Leuten halfen den Wiener Stephansdom zu restaurieren. Die Tradition der mehrjährigen Handwerksgesellenwanderschaft wurde 2015 von der UNESCO zum Immateriellen Kulturerbe erklärt.

ERKLÄRUNG: Das Nasenschild ist ein Werbeschild, das an der Hauswand einer Gaststätte oder eines Geschäfts verankert wird und rechtwinklig, wie die Nase aus dem Gesicht, vom Haus in den Straßenraum ragt.

IN VINO VERITASZÜNFTE & GILDEN
BIS ZURÜCK INS MITTELALTER
MAN MACHT SICH ZUR MARKE

BILD: © Zunft&Gilde | Eine Marke der Kasper Communications GmbH & der dfv Conference Group GmbH

Was ist wo los? Im unteren ZÜNFTE & GILDEN-LEITFADEN » findet man einen Auszug über die Geschichte der Zünfte und Gilden bis hin zu den Berufsgenossenschaften und Interessenvertretungen der Schaffenden der heutigen Ausprägung.



DIE WEINLEUTE – VON DEN FÜNFZEHN ZÜNFTEN

Die fünfzehn Zünfte, eigentlich Berufsgenossenschaften, übten in Basel während Jahrhunderten grössten Einfluss aus, denn sie bildeten bis ins 19. Jahrhundert gleichsam die Säulen des Staates: Der dreissigköpfige Rat setzte sich aus je einem Ratsherrn und einem Meister der Zünfte zusammen. Die vier vornehmen Herrenzünfte Schlüssel, Hausgenossen, Weinleute und Safran vereinigten den Handels- und Fabrikantenstand, während die elf übrigen Zünfte die eigentlichen Handwerker umfassten.

Die Zunft zu Weinleuten, die man wegen der Gelte im Wappen auch Geltenzunft nannte, wird 1357 erstmals erwähnt. In ihr waren Weinhändler, Inhaber von Weinschenken, Weinlader, Weinmesser und Weinrufer vereinigt. Neben berufsspezifischen und politischen Aufgaben übten die Zünfte auch religiöse Funktionen aus.

Die Fahne spiegelt die religiöse Bindung der Weinleute, denn sie zeigt nicht das Zunftwappen, sondern den Patron der Winzer. Papst Urban I. (222-230) steht vor einem mit Reben umrankten Stangengerüst und hält eine Traube hoch. Der Urbanstag (25. Mai), der in die beginnende Rebenblüte fällt, war besonders in der weinreichen Gegend des Oberrheins mit religiösem Brauchtum wie Wallfahrten und Prozessionen durchsetzt.

TEXT & BILD: © Historisches Museum Basel | Basel, um 1500 | Temperamalerei auf Leinwand

 

ZUNFTHAUS ZU WEINLEUTEN • GELTENZUNFT • BASEL 1562–1578

Das Zunfthaus zu Weinleuten ist neben dem Rathaus das einzige Gebäude, dass aus der Zeit vor der Umgestalltung gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch erhalten ist. Das Zunfhaus ist ein einzigartiges Werk des Renaissancebaustils und beschreibt eine ausserordentliche Stellung in der Basler Architektur. Die Zunft zu Weinleuten ist eine der vier Basler Herrenzünfte und eine historische Vereinigung der Weinhändler, Weinschenken und Weinlader.

Die Zunft wird als "zunfta cauponum" erstmals 1233 als Eigentümerin des linken Teils eines Hauses am Marktplatz erwähnt. 1330 wird im Anniversarbuch des Domstifts eine "domus caponum" erwähnt, womit jedoch das benachbarte Haus gemeint ist. 1409 kaufte die Zunft schliesslich den rechten Teil des Hauses am Marktplatz dazu und in den Jahren 1421/22 wurde mit kleineren Umbauten begonnen. Mit dem Renaissanceumbau der Vorderfassade wurde im Jahre 1562 begonnen. Die Arbeiten wurden 1578 beendet.

In Bern sind die Gesellschaften und Zünfte bis heute Körperschaften des öffentlichen Rechts. In einigen Städten hat sich der Umzug einer Zunft oder von Zunftvereinigungen in der Form von Stadtfesten erhalten. In Zürich besteht mit dem Sechseläuten der bekannteste jährliche Umzug der Zünfte, die hier den Status privatrechtlicher Vereine haben.

TEXT & BILD: © Universität Zürich | Zunfthaus Weinleuten, Geltenzunft, Basel | aus: M. Möhle, Markplatz 13 (alte Nr. 1616)

 

ZÜNFTE & GILDEN

Die wissenschaftssprachliche Übereinkunft bezeichnet heute den Zusammenschluss von Handwerksmeistern als Zunft und den Zusammenschluss von Kaufleuten seit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit als Gilde. Die Begriffe Zünfte und Gilden liegen scheinbar in weiter Vergangenheit, die in ihrer Herkunft heute so nicht mehr Anwendung finden. Doch diese Modelle sind weder veraltet noch überholt, nur die Begrifflichkeiten sind andere. Nachfolgermodelle sind beispielsweise Innungen, Gewerkschaften bis hin zu Kartellen.

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