MNEMONICS DIGITAL
INTERDISZIPLINÄRE STUDIENGESELLSCHAFT FÜR DIGITALEN HUMANISMUS
UND WELTKULTURERBE
„Der Begriff des Digitalen Humanismus (digital
humanism, oder auch L`humanisme digital / L`humanisme numerique) taucht
aktuell in vielfältigen Kontexten auf, scheint aber von keinem
ganz vereinnahmt zu sein. Einmal geht es stärker um die Betonung
des Digitalen, das zunehmend das Bild des Menschen und der Interaktion
formt. Hier finden sich auch Verbindungslinien zum sog. Post-Humanismus
oder gar Transhumanismus, nämlich der Überwindung der Limitierungen
des Menschseins hin zu einer, wie auch immer gearteten technologischen
Existenzform— quasi als nächste Stufe der menschlichen Evolution.
Einmal geht es stärker um den Humanismus, d.h. in der klassischen
Tradition, den Menschen über seine durch die Natur gegebene Existenz
zu einem aufgeklärten, gebildeten Leben zu verhelfen. Er ist damit
eng verknüpft mit den Anfang des 19. Jahrhunderts entstandenen
Bildungsidealen. Der Begriff des Digitalen Humanismus ist – wie
der Begriff des Humanismus selbst – durch viele unterschiedliche
Lesarten gekennzeichnet. Das macht in einerseits offen und anschlussfähig,
andererseits besitzt er damit auch große Unschärfen.
Besonders im deutschen Sprachraum liegt die Betonung
im Begriff stärker auf Humanismus mit dem ethischen Appell, das
Digitale stärker an die menschliche Kultur anzupassen und Technologien
als Gegensatz zum und getrennt vom Menschen gesehen werden. Beispiel
dafür sind etwa Texte von Matthias Horx2 oder auch „Digitaler
Humanismus. Eine Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“
von Julian Nida-Rümelin & Nathalie Weidenfeld (2018).
In beiden Lesarten – einmal in der Betonung des
Digitalen, einmal in der Betonung des Humanen – geht es aber immer
darum, Technologien in einem Gegensatz zum Menschen zu sehen. Die Lösung
besteht im Posthumanismus darin, das Menschliche mittels der Technologie
zu überwinden und letztlich den Menschen in einem nächsten
evolutionären Schritt darin aufgehen zu lassen. Umgekehrt geht
es bei der stärkeren Betonung des Humanismus darum, den Menschen,
der zunehmend durch digitale Technologien überformt wird, wieder
in den Mittelpunkt zu stellen und die eigentlichen menschlichen Werte
herauszuarbeiten.“ *1
„Im Zentrum steht der Ruf nach Aufklärung und
Humanismus. Der revolutionäre Aspekt der Informatik hängt
mit ihrer Fähigkeit zusammen, menschliche Aktivitäten zu automatisieren.
Bereits jetzt übertreffen Maschinen bei vielen Aufgaben das, was
der Mensch an Geschwindigkeit, Präzision und sogar analytischer
Ableitung leisten kann. Es ist an der Zeit, humanistische Ideale mit
einer kritischen Reflexion des technischen Fortschritts zu kombinieren.
Wir verknüpfen dieses Manifest daher mit der intellektuellen Tradition
des Humanismus, die am Weg zu einer aufgeklärten Moderne stets
im Zentrum gestanden ist.
Wie alle Technologien entstehen auch digitale Technologien
nicht aus dem Nichts. Sie sind durch implizite und explizite Entscheidungen
geprägt und beinhalten Werte, Normen, wirtschaftliche Interessen
und Annahmen darüber, wie die Welt ist oder sein sollte. Viele
dieser Optionen bleiben in Softwareprogrammen und deren Algorithmen
verborgen. In Anlehnung an die Tradition des renommierten Wiener Kreises
und anderer Denkströmungen der Moderne drängen wir auf kritisches
rationales Denken und interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die
Zukunft aktiv zu gestalten.
Wir müssen Technologien nach menschlichen Werten und Bedürfnissen
formen, anstatt nur zuzulassen, dass Technologien Menschen formen.
Unsere Aufgabe besteht nicht nur darin, die Nachteile der Informations-
und Kommunikationstechnologien einzudämmen, sondern vor allem auch
darin, von Beginn an menschenzentrierte Innovationen zu fördern.
Wir fordern einen Digitalen Humanismus, der das komplexe Zusammenspiel
von Technologie und Menschheit beschreibt, analysiert und vor allem
beeinflusst, für eine bessere Gesellschaft und ein besseres Leben
unter voller Achtung universeller Menschenrechte.“ *2
Die von Dr. Titus Leber und mir gegründete und aktive interdisziplinäre
Studiengesellschaft für digitalen Humanismus und Weltkulturerbe
– MNEMONICS DIGITAL – hat sich genau
diese Aufgabe zum Ziel genommen. Unter anderem ist das Kulturgut Wein
und sein beachtliches weltumspannendes multikulturelles Umfeld ein wichtiges
Thema im Sinne von – WEINBAU ALS KULTURERBE.
AUTOR: © Prof. Ali Meyer | Mnemonics Digital | Wien
BILDER: © Prof. Dr. Titus Leber | Mnemonics Digital | Wien
*1-ZITAT: © Akteure, Instrumente & Themen für eine Digital Humanism Initiative in Wien | Studie im Auftrag
der Stadt Wien MA 23 | Endbericht Juli 2019
*2-ZITAT: © “Wiener Manifest
für Digitalen Humanismus” | TU Wien | H. Werthner | Mai 2019
weiterblättern
zur nächsten Seite WISSENSCHAFT & FORSCHUNG »