OPERNBALL
– DAS FEST DER FESTE
VOM TANZ UM DIE MACHT BIS ZUM STAATSBALL
Der Wiener Kongress von 1814/1815 gilt seit mehr als 200 Jahren als
ein bedeutendes historisches Ereignis. Ich möchte das für
diesen Bericht aber nicht aus politischer Sicht verstanden wissen. Sich
eine Ballnacht um die Ohren zu schlagen hat natürlich einen gesellschaftlichen
Aspekt. Dieser darf aber gerne vorrangig der Musik und der Kulinarik
gewidmet sein – kein Tanz um die Macht, sondern ein Tanz zum reinen
Vergnügen. Das mag beim Opernball in Wien alleine in dieser Form
nicht ganz zutreffen, denn er ist – der Staatsball der Republik
Österreich. Sicherlich wird hier keine neue Congreß-Acte
entstehen, wird bei der internationalen Klientel – Staatsoberhäupter,
gekrönte Häupter, Hochadel, Politiker, Diplomaten, Unternehmer,
Künstler, Sportler und andere Berühmtheiten bzw. solche die
sich dafür halten – neben wunderbaren Gesprächen und
Tänzen, zumindest etwas politisches Kleingeld gewechselt. Der Opernball
gilt als der gesellschaftliche Höhepunkt des Faschings
in Wien. Traditionell findet er im Februar in der Wiener Staatsoper
statt. Das Tanzbein zu schwingen ist eine Sache, dabei zu sein um zu
sehen – vor allem aber, um gesehen zu werden ist die andere
Sache – vermutlich die Hauptsache. Du darfst in diesem entsprechenden
Rahmen deine Orden tragen, falls du welche hast.
BALL BEI HOF vs. HOFBALL IN WIEN
Im Gegensatz zu dem nur der Hocharistokratie vorbehaltenen Ball bei
Hof nahmen am Hofball in den Redoutensälen alljährlich bis
zu 3.000 Personen teil. Das Aquarell von Wilhelm Gause zeigt Kaiser
Franz Joseph I. von Österreich 1900 auf dem „Hofball
in Wien“, um den Beginn des neuen 20. Jahrhunderts zu feiern.
OPERNBALL
Die Ausschreibung vom 10.07.1860 für den Bau des k. k. Hof-Operntheaters
legte bereits fest, daß das Opernhaus „auch zur Abhaltung
von Opernbällen bestimmt“ sei. Doch erst am 11.12.1877
veranstaltete der damalige Direktor Franz Jauner in Anlehnung an den
Pariser Opernball als „Opernsoirée“ bezeichnete
öffentliche Tanzveranstaltungen. Dem eigentlichen Ball ging ein
Konzert des Hofopernorchesters voraus, bei dem sich als Gastdirigent
Johann Strauß offenbarte. Am 02.03.1878 wurde erstmals eine „Opernredoute“
veranstaltet, die sich bis zur Jahrhundertwende – nur mehr mit
dieser Bezeichnung – als Standard behauptete. Nach doch sehr langer
Pause feierte die Opernredoute erst 1924 eine erfolgreiche Rückkehr.
Der von da an jährlich abgehaltene Opernball musste durch den laufenden
Zweiten Weltkrieg 1940 vorerst abgesagt werden. Durch die fast gänzliche
Devastierung des Gebäudes im März 1945 fehlten, neben wahrlich
anderen Sorgen in dieser Zeit, zudem die räumlichen Voraussetzungen
für ein Fest dieser Größenordnung. Nach dem gänzlichen
Wiederaufbau fand der erste Opernball wieder am 09.02.1956 statt, und
seither wird an der Tradition – auch an dem Termin am letzten
Donnerstag vor dem Aschermittwoch – kontinuierlich festgehalten.
In diesem Sinne durfte das Ballfest auch heuer am 08.02.2024 dem Publikum
seine Bühne bieten. *1
DIE CHOREOGRAPHIE DER BÄLLE
„When nothing goes right go left“. Ich meine man
muss den Dingen des Lebens ins Auge sehen und wenn es notwendig ist
soll man improvisieren. Wien hat eine weltberühmte Balltradition.
Jeder Ball folgt einer bestimmten Choreographie, zumindest nach Thomas
Schäfer-Elmayer: „Erst kommen die Debütanten herein.
Dazu erklingt die Polonaise in A-Dur von Frédéric Chopin.
Dann stellen sich die Paare zum Spalier auf. Durch dieses Spalier spazieren
die Ehrengäste herein. Sie werden von Märschen begleitet und
meistens mit Fanfaren begrüßt. Die Ehrengäste nehmen
auf dem Podium Platz. Dann beginnt die Eröffnung. Die Debütanten
tanzen die Fächer-Polonaise. Nach der Elmayer-Tradition tanzen
sie sie in je vier Gruppen nebeneinander und rücken dabei langsam
nach vorne. Vor den Ehrengästen tanzen sie einen Kompliment nach
links, dann nach rechts. Daraufhin formieren sie sich zum Eröffnungstanz.
Das kann jedes Jahr ein anderer Tanz sein, mal eine französische
Polka, mal ein Marsch, ein Walzer oder ein Menuett. Es folgen die Ansprachen.
Auf die Ansprachen folgt der Wiener Walzer, der meist nur 30 bis 40
Sekunden dauert. Dann folgt der berühmte Satz: 'Alles Walzer'“.
OPERNBALL – WEIN & KULINARIK
„Hat Sie die Schrittfolge etwas aus der Fassung gebracht?
Dann stellen sie sich einfach einen Weinkarton mit sechs köstlichen
Flaschen vor, um den sie geschmeidig herumtanzen. Noch immer zu kompliziert?„
Bei der 64. Ausgabe des Wiener Opernballs gab es zum Beispiel Wein der
Österreichischen Traditionsweingüter – ÖTW,
10 Weine, die exklusiv für den Weingenuss der 5000 Gäste verantwortlich
waren. Das traditionsreiche Wiener Weingut Wieniger bereicherte heuer
wieder den »Opernball-Heurigen« mit der Buschenschank Wieninger
am Nussberg. Die Kooperation zwischen der Wiener Staatsoper und Gerstner
feiert 2024 ihr 155-jähriges Jubiläum. Auch beim Opernball
kredenzte Gerstner Genuss in Perfektion, mit bewährten Klassikern
und modernen Variationen aus vorwiegend heimischen Zutaten. Als Photograph
darf ich anmerken: In der Staatsoper hat man den Blick auch von oben,
da muss man alles dreidimensional sehen. Im Abschluß darf ich
noch schmunzelnd ausrichten: Alles Winzer!
AUTOR: © Prof. Ali
Meyer
BILD Panorama: © Ali Meyer | „Hofball
in Wien“ by Wilhelm Gause / Aquarel um 1906 | Wien Museum
BILD Plakat (Fächer): © Wienbibliothek im Rathaus | Das
erste Plakat zum Opernball nach der Wiedereröffnung 1956 | Georg Schmid
+ Epi Schlüsselberger | Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-100584
*1. ANMERKUNG: 1991 Absage des Opernballs wegen des
Kriegs am Persischen Golf
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