Sonntag, den 09. März 2025

PROLOG

Du bist wie du bist. Niemand sollte den Anderen etwas vorspielen. Das zeichnet einfachere Geister bis kluge Köpfe und träge Menschen bis innovative Zeitgenossen aus. Aber muss ich Schauspieler, Politiker oder Diplomat sein, um zumindest zeitweilig der Etikette zu entsprechen? Oder reicht es eine passable Erziehung genossen zu haben und nach dieser zu leben?

Ein mörderischer Gossenjournalismus und Fäkaliensprache im Fernsehen lassen unseren Reichtum der Sprache offenbar nach und nach verkümmern. Zudem stellt uns die zeitversetzte elektronische Kommunikation vor ganz neue Aufgaben. Denke daran, dass deine momentane Stimmung nicht gleich der des Empfängers sein muss. Du formulierst vormittags voller Adrenalin, das andere Ende liest deine Nachricht nachmittags oder gar abends voller Müdigkeit.

Aber der Ton macht immer noch die Musik. Höfliche Formulierungen sind angenehm. Zuerst die innere Haltung, dann die äußere Form! Es ist wie beim Malen, wo man die weißen Lichter zuletzt aufsetzt. Kleider machen Leute – so oder so. Von der gepflegten Äußerlichkeit – als Privatier oder im zwingenden Berufsbild – bis zum Statussymbol. Man kann natürlich auch nicht im Walzerschritt täglich durchs Büro wandeln, aber Haltung bewahren.

Gute Alltagsmanieren zu lernen, gehört zu den Ausbildungsseminaren von Firmen, obwohl das wohl Sache des Elternhauses gewesen wäre – oder nicht? Aber du bist wie du bist. Authentizität ist mir neben der Höflichkeit und der damit notwendigen Etikette das Wichtigste. Denn so wie wir sind, so wirkt es als Vorbild, gereicht es von der Gemeinschaft bis zur Freundschaft und bündelt sich segensreich zu einem wundervollen Gesamtbild.

BILD: © Ali Meyer | JourFixe bei Meyers | Thema Etikette 14.11.2014 | Privater Literarischer Salon Wien

IN VINO VERITASETIKETTE
NO BROWN IN TOWN AFTER SIX
UMGANGSFORMEN IM 21. JAHRHUNDERT

Was ist wo los? Im unteren NO BROWN IN TOWN AFTER SIX-LEITFADEN » findet man eine Menge über Etikette. Der Ton macht immer noch die Musik. Höfliche Formulierungen sind angenehm. Zuerst die innere Haltung, dann die äußere Form! Es ist wie beim Malen, wo man die weißen Lichter zuletzt aufsetzt.


NO BROWN IN TOWN AFTER SIX – ETIKETTE

KLEIDER MACHEN LEUTE

Die Herren tragen Abends schwarze Schuhe. Als der Engländer Charles Frederick Worth 1857 in Paris sein Modehaus maison couture eröffnete, in dem er als erster Kleidung unter seinem Namen als Marke verkaufte, konnte er nicht ahnen, wie weit seine Handlungen in die Zukunft reichen würden. Eine Pariserin riskiert lieber einen richtigen Blasenkatarrh als modisch nicht en vogue zu sein. Stil ist die einzige Voraussetzung jeglichen Luxusbewusstseins. Eine beachtliche Anzahl von Menschen ist irrtümlicherweise der felsenfesten Überzeugung mit Markenprodukten etwas kaufen zu können, das es für Geld nicht geben kann, nämlich Stil zu haben.

Kleider machen Leute. Das weiß man von jeher, nicht erst seit Gottfried Kellers Novelle. Was ist, wann ist, und wo ist welche Kleidung angebracht? Cutaway oder Streseman? Smoking oder Frack? Abendkleid oder Cocktailkleid? Chanel Kostüm oder Dirndl? Oder bist du als Künstler sowieso ein bunter Vogel? International betrachtet ist je nach Milieu der Dresscode sehr unterschiedlich gegeben. Karl Farkas meinte einmal: „Die jungen Mädeln tragen heutzutage so hauchdünne Kleider, dass das sachkundige Auge konstatieren kann, ob sie ebenmäßig gebaut oder eben mäßig gebaut sind“. Ein Panoptikum an Geschmacklosigkeiten, eine Ansammlung von nichtssagenden Fetzen und eine Welt von äußerst farblosen Textilien im Gegensatz zum seltenen Chic, offenbart sich dir bei simplen U-Bahnfahrten.

GESCHICHTE DER UMGANGSFORMEN

Umgangsformen sollen immer nur Rahmen sein, niemals beengende Fessel. Diese Etikette in bedeutungsvoller Anwendung verliert aber oft ihren tieferen Sinn, wenn z.B.: pressegeile Filmstars sich verloben, obwohl beide Partner noch verheiratet sind. Eine weitere Herausforderung im Umgang ist, dass sich im Augenblick der Verheiratung die Anzahl der Verwandten sozusagen verdoppelt. Und Verwandte sind auch Menschen, wir das nicht immer entsprechend beherzigen. Aber die Verhältnisse sind viel komplizierter, einerseits mit einer „menage à trois“ oder andererseits im Patchwork zerrütteter Beziehungen. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften haben offiziell ihren Platz in der Gesellschaft erobert. Und dann hat im Genderzeitalter die weibliche Spezies auch noch immer öfter – offiziell – die Hosen an.

GESPRÄCHSKULTUR

Ich schätze es sehr. „Höflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“ Diesem überlieferten Spruch muss ich entschieden widersprechen, denn weiter kommt man nur mit ihr, zumindest in den Kreisen, in denen ich bis dato verkehre. Die Gesprächskultur ist mehr als das bloße Aneinanderreihen gesprochener Worte. Sprachlich richtig zu kommunizieren heißt, eine Wortwahl zu treffen, die der jeweiligen Kommunikationssituation und dem angestrebten Kommunikationsziel angemessen ist.

VERHALTENSKODEX

Eine meiner Töchter – Amélie-Sophie – war dereinst mit einer wunderbaren Volksschullehrerin gesegnet, die zuerst ihre Aura vorausschickte, bevor sie selbst das Klassenzimmer betrat. Unglaublich aber wahr. Die Welt verändert sich laufend und schnell. Der Benimm-Guide für Onlinewelten wie Facebook oder X (Twitter) ist wohl ein Thema. Inwieweit das sogenannte Handy und deren Auswüchse des Dauerbedienens die Umwelt brüskiert, könnte ein interessanter Lernprozess zur Wiedererlangung der Gesellschaftsfähigkeit sein.

MORALISCHES PROTOKOLL

Der große Querschnitt durch eine multikulturelle Gesellschaft spiegelt Sitten und Gebräuche, also unterschiedliche Sprache und Religionen, verschiedene kulturelle Eigenheiten, schlicht und einfach die Manieren wider. Es ist ein außergewöhnlich faszinierendes Sittengemälde. Sind wir unabhängig von unserer Hautfarbe und der Fähigkeit uns sprachlich auszudrücken – bei erstklassiger Erziehung – in unseren Manieren sehr ähnlich ? Gibt es eine Art moralisches Protokoll? IN VINO VERITAS möchte in dieser neuen Folgeserie – ETIKETTE – viele Aspekte des Lebens beleuchten. Natürlich werden wir auch die Tischmanieren und kulturgeschichtlichen Aspekte rund um den Wein beleuchten.

AUTOR: © Prof. Ali Meyer
BILD Titel: © Ali Meyer | Auschnitt aus dem Gemälde „Hofball in Wien“ by Wilhelm Gause / Aquarel um 1906 | Wien Museum
BUCHTITEL:Humboldt Verlag | Modern-Life-Etikette von Gabriela Meyer | ISBN 978-3-8426-4203-4

 

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