DIE
ZUCKERLWERKSTATT – WIENER ZUCKERL
ÖSTERREICHISCHE BONBON-GESCHICHTE
Die 1891 gegründete Firma der Brüder Gustav & Wilhelm
Heller war ein Wiener Süßwarenhersteller enormer Größe,
wurde zum k.u.k. Hoflieferanten und später sogar zum Kammerlieferanten
des Kaisers ernannt. Die Fabrik bezog die Energie zur Erzeugung der
Süßigkeiten mittels Dampf aus dem damaligen Beatrixbad, was
zu dieser Zeit ein Novum darstellte. Die Konkurrenz erzeugte dieselben
Waren noch über offenem Feuer, während Heller sie mit Hilfe
von Vakuumapparaten herstellte. Für mehr als 30 Jahre leitete Gustav
Heller als Präsident des „Zentralverbandes der Schokolade-
und Zuckerwarenfabrikanten Österreichs in Wien“ die
Geschäfte des Verbandes und war auch Vizepräsident des „Office
International du Cacao et du Chocolat, Bruxelles“. Vor dem
Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren im Unternehmen 1.500 Personen
beschäftigt. Noch während und nach dem Ersten Weltkrieg gingen
die ausländischen Niederlassungen in London, Paris und New
York verloren. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 an das Deutsche
Reich wurde das jüdische Unternehmen wie üblich „arisiert“.
Nach der Rückstellung an ihre jüdischen Besitzer und dem 1971
erfolgten Verkauf des Unternehmens an Victor Schmidt & Söhne,
ab 1994 dem Nestlé-Konzern zugehörig, fand es im Jahre 2000
beim Wiener Süßwarenhersteller Manner seine letzte Heimat.
Heller gilt bis heute als Erfinder des „Wiener Zuckerl“.
AUFERSTEHUNG EINER ÖSTERREICHISCHEN TRADITION
Sie sind zurück….die klassischen Seidenzuckerl! Seit Oktober
2013 gibt es in der Wiener Herrengasse die Zuckerlwerkstatt, eine bunte
Zauberwelt der kreativen und längst vergessenen Süßigkeiten.
Das Power-Double Maria Scholz, Juristin, und Christian Mayer, Profi-Sänger,
sind Ihrer Leidenschaft für dieses altes Handwerk gefolgt und stellen
mehrmals täglich handgemachte, traditionelle Zuckerl-Sorten direkt
vor den Augen ihrer Kunden in ihren Manufakturen in der Wiener Innenstadt
und seit 2016 auch in der Salzburger Altstadt her. Die Zuckerlwerkstatt
entführt Klein und Groß in eine Welt der süßen
Gerüche und einzigartigen Geschmäcker. Alte Bonbonsorten,
wie Seidenzuckerl und sogenannte Krachmandeln, Motiv-Zuckerl, Blumenrocks,
Zuckerstangen, Fruchtgelees, Walzenzuckerl und handgedrehte Lollies
werden nach alten Traditionsrezepten und Techniken, die aus dem 18.
Jahrhundert stammen, in aufwendiger Handarbeit hergestellt. Und das
Schönste daran ist: Jeder kann täglich in den Shops direkt
bei der faszinierenden Produktion zusehen, die Herstellung hautnah mit
allen Sinnen mit erleben und die frischen, noch warmen Zuckerl auch
gleich direkt vor Ort verkosten.
QUALITÄT • REGIONALITÄT • NATÜRLICHKEIT
Die Qualität, Regionalität und Natürlichkeit der hergestellten
Produkte stehen in der Zuckerlwerkstatt an oberster Stelle. Es werden
ausschließlich natürliche Aromen, echte Zutaten, wie Schokolade,
Nüsse, Kakao, Kräuter, Honig, ätherische Öle etc.
für die Herstellung verwendet. Der Großteil der Zutaten kommt
von teils kleinen, heimischen Produzenten, die ebenfalls nach diesen
Qualitätskriterien produzieren. Zu den auserwählten Lieferanten
zählen u.a. Joseph Zotter, das Mandlberggut, Kräuterdorf Irschen
etc. Auch bei den Farben wird sehr auf Natürlichkeit geachtet.
Zum größten Teil werden reine Pflanzenextrakte und natürliche
Farben für die Herstellung verwendet. Das Konzept von Maria Scholz
und Christian Mayer ist, ihre Kunden in einer ganz persönlichen
Atmosphäre mit ihrem spannenden Handwerk und hochwertigen Produkten
zu überzeugen. Die Zuckerlwerkstatt ist auch eine Hommage an die
ausgestorbene Tradition des typischen, Wiener Zuckerlgeschäftes.
Es gab einst mal an die 400 kleine Bonbonläden in Wien.
WILLKOMMEN AUF DER ZUCKERLSEITE DES LEBENS
Dass die Wiener Zuckerl wieder in aller Munde sind, verdanken wir also
Christian Mayer und Maria Scholz. Im Urlaub entdeckten die beiden umtriebigen
Zeitgenossen das alte Handwerk des Zuckerlmachens. Sie waren fasziniert
von der schweren Zuckermasse, vom köstlichen Geruch und letztlich
von der Fertigungstechnik. Der Wunsch war eindeutig: „Wir
werden Bonbonmacher!“ 2013 eröffneten sie ihre eigene
Manifaktur: die „Wiener Zuckerlwerkstatt“. Die Begeisterung
für diese Materie bekundete auch Dietrich Markwart Eberhart „Didi“
Mateschitz, indem er der Zuckerwerkstatt über seine Beteiligungsgesellschaft
finanziell unter die Arme griff. Ganz wie anno dazumal wird hier in
der Zuckerlmanifaktur gemischt, gekocht, gerührt, geformt, gezogen
und geschnitten. Das alles wird mit Techniken bewerkstelligt, die großteils
aus dem 18. Jahrhundert überliefert sind. Gemeinsam mit Friedrich
W. Heller (Fritz), dem letzten Eigentümer der legendären Wiener
Bonbonfabrik, haben sie Original Bonbon-Serien aus dem Jahre 1898 wieder
zum Leben erweckt. Damals wie heute werden diese kleinen Kunstwerke
in reiner Handarbeit Stück für Stück und nach 120 Jahre
alten Originalvorlagen gefertigt. Nicht nur die Bonbons sondern auch
die edlen Kartons, in denen sie verpackt sind, versinnbildlichen eine
Hommage an den wohl bekanntesten österreichischen Bonbon-Hersteller
sowie K.u.K–Hoflieferanten längst vergangener Zeiten.
BILD: © Zuckerlwerkstatt | Irene Heller | Christian Mayer | Fritz Heller | issued by IN VINO VERITAS
AUTOR: © Prof. Ali
Meyer | Wien
BILDER: © Ali Meyer + Zuckerlwerkstatt + Archiv
Fritz Heller | Die Zuckerlwerkstatt » | issued by IN VINO VERITAS | Der Weinbau 4.0
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