SMART FARMING
• DIE DIGITALISIERUNG IM WEINBAU
SOFTWAREGESTÜTZTES PFLANZEN DER WEINREBEN
Um die Prozesskette eines Weinbergs nachhaltig zu verbessern, müssen
die Weinreben optimal gepflanzt werden. Im Voraus wird jede Fläche
digital durchgeplant und durch Software mit bestimmten Parametern –
wie Bewässerung, Hangneigung und Einstrahlungswinkel – überprüft.
Die Umsetzung der komplexen Vorplanung übernimmt eine GPS-gesteuerte
Rebpflanzmaschine. Satelliten steuern die Maschine, sodass diese autonom
das Fahren und Pflanzen übernehmen kann. Deutliche Vorteile gegenüber
dem manuellen Vorgang liegen hier vor allem bei der sekundenschnellen
Planung eines Weinbergs per voreingestellter Software. Die akkurate
Planung besitzt eine hohe Priorität, da ein Weingarten im Durchschnitt
über 25 Jahre bewirtschaftet wird.
DROHNEN ERSETZEN PFLANZENSCHUTZMITTEL
Dieser Schritt der Digitalisierung dient nicht nur dem Zweck, Prozesse
zu optimieren und durch aktuelle Software zu unterstützen, sondern
auch zur Lösung bestehender Probleme, die im Weinsektor auftreten.
Eine sehr große Problematik stellt der Pilzbefall der Pflanzen
dar. Hierzu beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe im Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung von Christoph Kölbl.
Das Hauptaugenmerk ihrer Arbeit liegt bei der Früherkennung von
Schad- und Gefahrstoffen. Die bisherige Lösung stellen Pflanzenschutzmittel
in extrem großen Massen dar, welche aber definitiv nicht als optimal
anzusehen sind.
An diesem Punkt kommt eine unter Kölbls Aufsicht entwickelte Drohne
ins Spiel, welche mit einem speziellen Laser-System ausgestattet ist.
Dieses ist in der Lage, den Pilzbefall an Weinreben frühzeitig
zu erkennen. Der durch gezielte Laser herbeigerufene Fluoreszenz-Effekt,
ähnlich der Schwarzlichtwirkung in einer Diskothek, wirft Licht
zu einem an der Drohne verbautem Sensor zurück. Von wesentlicher
Bedeutung ist nun das Lichtspektrum, welches Auskunft über den
potenziellen Pilzbefall gibt. Mit dem geplanten Einsatz dieser Drohnen
ab 2020 soll ein großer Anteil der Pflanzenschutzmittel im Weinbau
reduziert werden.
SMARTER WEINBERG
Wenn wir in unserem Alltag Produkte als „smart“ bezeichnen,
haben wir in den meisten Fällen technische Gegenstände im
Kopf, welche mit ihrer Umgebung vernetzt sind und denen es möglich
ist, mit dem Internet zu kommunizieren. Dieses Konzept wurde nun in
einem Pilotprojekt am Weingut Haart in Piesport an der Mosel angewendet
– direkt vor Ort am Weinberg. Mithilfe der „Internet of
Things“-Plattform MYNXG der Firma MyOmega ist über ein Netzwerk
spezielle Sensorik angeschlossen, welche am ganzen Rebberg die unterschiedlichsten
Parameter misst. Über Mobilfunk werden in Echtzeit Daten ausgelesen
und in eine Cloud übertragen. Im Anschluss daran kann der Anwender
über zugehörige Software am Smartphone oder PC die Daten auswerten.
Traditionell wurde bei vielen Entscheidungen des Rebbauern mit Gespür
und Instinkt gearbeitet. Nun wird die Entscheidungsfindung in einigen
Prozessen durch Daten der Sensoren unterstützt.
Die Qualität kann damit erheblich verbessert werden. Nicht nur
Bodenfeuchtigkeit und Lichtstärke zählen zu den Messparametern,
sondern auch die Wurzelbeschaffenheit, Blattfeuchte, PH-Wert und weitere
Nährstoffwerte. Um einen sinnvollen und nachhaltigen Kreislauf
zu bilden, werden die Sensoren mit Strom aus aufgestellten Solarzellen
versorgt.
Das Projekt zeigt, dass die Automatisierung eines Weingutes eine große
Herausforderung darstellt. Diese kann jedoch mit digitaler Technologie
und Big Data produktiv angegangen werden. Neben dem Weinberg wird auch
die Tätigkeit des Winzers zunehmend smarter. Die körperlich
oft harte Arbeit wird komfortabler und ist in einer kürzeren Zeit
möglich. In Zukunft werden Weinbauern durch Verbindung mit dem
Internet die Blätter ihrer Weinreben auf Beschaffenheit überprüfen
können.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IM WEINKELLER
Wo früher Fässer aus den verschiedensten Holzsorten standen,
findet man heutzutage riesige Tanks aus Edelstahl. Denn nicht nur der
Weinanbau, sondern auch die Weinherstellung und Kellerwirtschaft kann
durch den fortlaufenden Prozess der Digitalisierung deutlich intelligenter
gestaltet werden. Zum Einsatz kommen in diesem Gebiet smarte Edelstahltanks,
in denen der Gärprozess des Weines detailliert gesteuert werden
kann. Eine zentrale Steuerungssoftware kontrolliert durchgehend alle
Parameter. Das übergeordnete Ziel aller digitalen Optimierungen
ist eine kontinuierliche Erhöhung des Geschmack-Niveaus. An diesem
Punkt bringt der Önologe Prof. Dominik Durner die Künstliche
Intelligenz ins Spiel.
Um die Weinqualität in Zukunft deutlich zu steigern, müsse
man optimale Entscheidungen im Gärprozess treffen. Mit verschiedenen
Datensätzen aus vorhergehenden Jahren seien Computer in der Lage,
zu lernen, um Entscheidungsmodelle in der Herstellung von Wein anzupassen.
In einem Interview mit dem SWR zeigte Durner seine futuristisch anmutende
Gäranlage, die bisher nur im Labor des Weincampus Neustadt zu Testzwecken
läuft.
Wie die beschriebenen Beispiele zeigen, können wir in naher Zukunft
hochqualitativen Wein genießen – gewachsen an einem smarten
Weinberg und gegärt von Künstlicher Intelligenz.
AUTOR: © Yannick
Brätz
BILD Panorama Mitte: © VITIBOT | Bakus | France
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