Donnerstag, den 28. März 2024

WEINBAU 4.0

Die digitale Transformation hat der Industrie einen gewaltigen Umbruch beschert. Ein richtiges Wertschöpfungsnetzwerk garantiert nicht nur effizientere Arbeit und höhere Wirtschaftlichkeit, sondern auch gezielte Nachhaltigkeit. Dazu trägt natürlich auch der Wissenstransfer zwischen der Wissenschaft, der Forschung, den Ausbildungsstätten und der Industrie bei.

Um in der Landwirtschaft zukunftsfähig zu bleiben, führt kein Weg an Smart Farming vorbei. Dieses e-Farming, Digital Farming oder Smart Farming ist im deutschsprachigen Raum als Landwirtschaft 4.0 bzw. im Detail als Weinbau 4.0 zu verstehen. Mit welchem Ausdruck das alles immer benannt wird, es erfordert in jedem Fall den modernen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Landwirtschaft.

Die Landwirtschaft gilt als Vorreiter digitaler Transformation. Sie ist nicht nur eine der ältesten und wichtigsten Produktions- und Handelsbranchen. Sie ist einer jener Industriezweige, der in den letzten 70 Jahren wie kaum ein anderer absolut permanentem strukturellem Wandel ausgesetzt war und weiterhin ist. Die Berufsgilde der Winzer und ihre Produktionskette ist im Weinbau 4.0 mittendrin – vernetzt.

BILD: Symbolbild Mobilfunk im Weinbau | IN VINO VERITAS | Der Neue Weinbau 4.0

IN VINO VERITASEINBLICK IN DEN WEINBAU 4.0
SMART FARMING
DIE DIGITALISIERUNG IM WEINBAU

Im unteren SMART FARMING-LEITFADEN » findet man bereits Bewährtes und Neues im Weinbau 4.0. Die Landwirtschaft ist einer jener Industriezweige, der in den letzten 70 Jahren wie kaum ein anderer absolut permanentem strukturellem Wandel ausgesetzt war und weiterhin ist.



SMART FARMING • DIE DIGITALISIERUNG IM WEINBAU

SOFTWAREGESTÜTZTES PFLANZEN DER WEINREBEN

Um die Prozesskette eines Weinbergs nachhaltig zu verbessern, müssen die Weinreben optimal gepflanzt werden. Im Voraus wird jede Fläche digital durchgeplant und durch Software mit bestimmten Parametern – wie Bewässerung, Hangneigung und Einstrahlungswinkel – überprüft. Die Umsetzung der komplexen Vorplanung übernimmt eine GPS-gesteuerte Rebpflanzmaschine. Satelliten steuern die Maschine, sodass diese autonom das Fahren und Pflanzen übernehmen kann. Deutliche Vorteile gegenüber dem manuellen Vorgang liegen hier vor allem bei der sekundenschnellen Planung eines Weinbergs per voreingestellter Software. Die akkurate Planung besitzt eine hohe Priorität, da ein Weingarten im Durchschnitt über 25 Jahre bewirtschaftet wird.

DROHNEN ERSETZEN PFLANZENSCHUTZMITTEL

Dieser Schritt der Digitalisierung dient nicht nur dem Zweck, Prozesse zu optimieren und durch aktuelle Software zu unterstützen, sondern auch zur Lösung bestehender Probleme, die im Weinsektor auftreten. Eine sehr große Problematik stellt der Pilzbefall der Pflanzen dar. Hierzu beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung von Christoph Kölbl. Das Hauptaugenmerk ihrer Arbeit liegt bei der Früherkennung von Schad- und Gefahrstoffen. Die bisherige Lösung stellen Pflanzenschutzmittel in extrem großen Massen dar, welche aber definitiv nicht als optimal anzusehen sind.

An diesem Punkt kommt eine unter Kölbls Aufsicht entwickelte Drohne ins Spiel, welche mit einem speziellen Laser-System ausgestattet ist. Dieses ist in der Lage, den Pilzbefall an Weinreben frühzeitig zu erkennen. Der durch gezielte Laser herbeigerufene Fluoreszenz-Effekt, ähnlich der Schwarzlichtwirkung in einer Diskothek, wirft Licht zu einem an der Drohne verbautem Sensor zurück. Von wesentlicher Bedeutung ist nun das Lichtspektrum, welches Auskunft über den potenziellen Pilzbefall gibt. Mit dem geplanten Einsatz dieser Drohnen ab 2020 soll ein großer Anteil der Pflanzenschutzmittel im Weinbau reduziert werden.

SMARTER WEINBERG

Wenn wir in unserem Alltag Produkte als „smart“ bezeichnen, haben wir in den meisten Fällen technische Gegenstände im Kopf, welche mit ihrer Umgebung vernetzt sind und denen es möglich ist, mit dem Internet zu kommunizieren. Dieses Konzept wurde nun in einem Pilotprojekt am Weingut Haart in Piesport an der Mosel angewendet – direkt vor Ort am Weinberg. Mithilfe der „Internet of Things“-Plattform MYNXG der Firma MyOmega ist über ein Netzwerk spezielle Sensorik angeschlossen, welche am ganzen Rebberg die unterschiedlichsten Parameter misst. Über Mobilfunk werden in Echtzeit Daten ausgelesen und in eine Cloud übertragen. Im Anschluss daran kann der Anwender über zugehörige Software am Smartphone oder PC die Daten auswerten. Traditionell wurde bei vielen Entscheidungen des Rebbauern mit Gespür und Instinkt gearbeitet. Nun wird die Entscheidungsfindung in einigen Prozessen durch Daten der Sensoren unterstützt.

Die Qualität kann damit erheblich verbessert werden. Nicht nur Bodenfeuchtigkeit und Lichtstärke zählen zu den Messparametern, sondern auch die Wurzelbeschaffenheit, Blattfeuchte, PH-Wert und weitere Nährstoffwerte. Um einen sinnvollen und nachhaltigen Kreislauf zu bilden, werden die Sensoren mit Strom aus aufgestellten Solarzellen versorgt.

Das Projekt zeigt, dass die Automatisierung eines Weingutes eine große Herausforderung darstellt. Diese kann jedoch mit digitaler Technologie und Big Data produktiv angegangen werden. Neben dem Weinberg wird auch die Tätigkeit des Winzers zunehmend smarter. Die körperlich oft harte Arbeit wird komfortabler und ist in einer kürzeren Zeit möglich. In Zukunft werden Weinbauern durch Verbindung mit dem Internet die Blätter ihrer Weinreben auf Beschaffenheit überprüfen können.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IM WEINKELLER

Wo früher Fässer aus den verschiedensten Holzsorten standen, findet man heutzutage riesige Tanks aus Edelstahl. Denn nicht nur der Weinanbau, sondern auch die Weinherstellung und Kellerwirtschaft kann durch den fortlaufenden Prozess der Digitalisierung deutlich intelligenter gestaltet werden. Zum Einsatz kommen in diesem Gebiet smarte Edelstahltanks, in denen der Gärprozess des Weines detailliert gesteuert werden kann. Eine zentrale Steuerungssoftware kontrolliert durchgehend alle Parameter. Das übergeordnete Ziel aller digitalen Optimierungen ist eine kontinuierliche Erhöhung des Geschmack-Niveaus. An diesem Punkt bringt der Önologe Prof. Dominik Durner die Künstliche Intelligenz ins Spiel.

Um die Weinqualität in Zukunft deutlich zu steigern, müsse man optimale Entscheidungen im Gärprozess treffen. Mit verschiedenen Datensätzen aus vorhergehenden Jahren seien Computer in der Lage, zu lernen, um Entscheidungsmodelle in der Herstellung von Wein anzupassen. In einem Interview mit dem SWR zeigte Durner seine futuristisch anmutende Gäranlage, die bisher nur im Labor des Weincampus Neustadt zu Testzwecken läuft.

Wie die beschriebenen Beispiele zeigen, können wir in naher Zukunft hochqualitativen Wein genießen – gewachsen an einem smarten Weinberg und gegärt von Künstlicher Intelligenz.

AUTOR: © Yannick Brätz
BILD Panorama Mitte: © VITIBOT | Bakus | France

 

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