MARIA
STUART – DERNIERE BURG 2024
MARIA STUART | FRIEDRICH SCHILLER | MARTIN KUŠEJ-INSZENIERUNG
Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Auch ein
Bühnenstück geht durch Raum und Zeit.
„Man löst sich nicht allmählich von dem Leben!
Mit einem Mal, schnell, augenblicklich muß der Tausch geschehen
zwischen Zeitlichem und Ewigem. Ich stehe an dem Rand der Ewigkeit.
Bald soll ich treten vor den höchsten Richter. Lebt wohl! Jetzt
hab ich nichts mehr auf der Erden!“
Das Trauerspiel MARIA STUART von Friedrich Schiller aus
dem Jahr 1800 thematisiert den Machtkampf zwischen der englischen
Königin Elisabeth I. und der schottischen Königin Maria Stuart.
Das Burgtheater in Wien befasste sich wiedereinmal mit dieser Thematik.
Martin Kušej erarbeitete eine neue und ungewöhnliche Inszenierung.
Mein Theaterherz beglückend war ich ein Teil davon, aber mit sehr
anstrengenden und fordernden vier Jahren Spielzeit. Den Premieren 2021
– einerseits im Sommer bei den Salzburger Festspielen –
andererseits im Herbst im Burgtheater – waren bereits im Frühjahr
auf der Probebühne im Arsenal sehr lange und äußerst
intensive Proben vorausgegangen. Als Doyen der Stuart Komparsen Männertruppe
habe ich viel erlebt. Wir wollten, konnten und mußten alles hergeben.
Der große Erfolg manifestierte sich in über 50 Vorstellungen
auf zwei großartigen und weltberühmten Bühnen und als
Draufgabe noch ein Gastspiel in Deutschland. Von den vielen geschlossenen
Freundschaften abgesehen, war es eine bereichende Zeit.
Für mich heißt es nun auf zu neuen Ufern im Geisterchor
bei der kommenden HAMLET Inszenierung von Karin Henkel. > Burgtheater
Premiere | 5.9.2024
SALZBURGER FESTSPIELE • 2021 (Premiere)
„Ich bin die Schwache, sie die Mächt'ge! Sie brauche
die Gewalt, sie töte mich. Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer.
Doch sie gestehe dann, daß sie die Macht allein, nicht die Gerechtigkeit
geübt. Nicht vom Gesetze borge sie das Schwert, sich der verhaßten
Feindin zu entladen, und kleide nicht in heiliges Gewand der rohen Stärke
blutiges erkühnen. Solch Gaukelspiel betrüge nicht die Welt!
Ermorden lassen kann sie mich, nicht richten! Sie geb' es auf, mit des
Verbrechens Früchten den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen,
und was sie ist, das wage sie zu scheinen!“
„Das allererste, das man zu sehen bekommt, sind die einzigen
und wesentlichen ' Ausstattungsstücke' : dreißig splitternackte
Mannsbilder in Reih und Glied. Über ihnen pendelt an langem Seil
das abgeschlagene Haupt der Maria Stuart, mit wallendem roten Haar.
Die Nacktheit, die eigentlich für Schutzlosigkeit, fürs Ausgesetzt-Sein
stehen könnte, ist hier eine ganz andere Chiffre. So breitbeinig,
wie sich diese Männer aufpflanzen, sind sie das wortlose Signal
einer Männergesellschaft, gegen die kein Ankommen ist. Auch nicht
für Königinnen. Für *Innen eines niedrigeren gesellschaftlichen
Status wohl sowieso nicht, aber das ist hier nicht das Thema.“
berichtet Reinhard Kriechbaum von der NACHTKRITIK (14.8.2021).
[…] Das Besondere an dieser „Maria Stuart“-Inszenierung
sei das lebende Bühnenbild, findet Michael Laages im DEUTSCHLANDFUNK
KULTUR (15.8.2021). Der „Irrgarten aus Männerleibern“
ist für ihn ein starkes Bild, auch, wenn es einige Zuschauer:innen
verstört habe, die laut Laages prompt den Raum verließen.
[…] Einen etwas zu langen, doch intensiven und klug gebauten Abend,
der nicht zuletzt von der Klasse des Ensembles lebe, sah Rezensent Michael
Schleicher vom MÜNCHNER MERKUR (15.8.2021). Martin
Kušej seziere in dieser Inszenierung die Mechanismen der Macht.
Mit den 30 nackten Komparsen finde der Regisseur ein „starkes,
wandelbares Bild“. […] Es ist „aber schon
auch die eigenwillige Präsentation, die 'Maria Stuart' zwar nicht
direkt in die Gegenwart holt, sie aber jedenfalls zeitlos auf die Bühne
bringt“, findet Florian Bock im ORF (15.8.2021)
und lobt unter anderem den eigenwilligen Soundtrack der Inszenierung,
der ihn an das filmische Erzählen erinnert. Insgesamt geht diese
„Game of Thrones-Ästhetik“ für den Kritiker
auf. Begeistert ist der Rezensent vor allem von der schauspielerischen
Leistung der beiden Hauptdarstellerinnen Birgit Minichmayr und Bibiane
Beglau. […] Das „politische Ränkespiel aus falschen
Briefen und verlogenen Freunden“ absolviere Kušej
„so nebenbei mit“, schreibt Manuel Brug in
der WELT (16.8.2021). Stattdessen setze der
Regisseur „viel vehementer auf ein oft statisches, symbolsattes
und doch minimalistisch kühles, paradox von der psychologischen
Unterdrückung und Bedrohung der beiden Souveräninnen durch
eine abstrakte Welt der Männer kündenden Bildertheater“. Kušej
versage sich „sein oft dampfendes Machotum, die planvolle
Regiepranke“ und „lässt der Minichmayr und
der Beglau Raum; den die spielend füllen“.
KAMPNAGL HAMBURG • THEATERTOURNEE 2022
„Der Thron von England ist durch einen Bastard – Entweiht,
der Briten edelherzig Volk – Durch eine listge Gauklerin betrogen.
– Regierte Recht, so läget Ihr vor mir – Im Staube
jetzt, denn ich bin Euer König.“
Phänomenal! „Maria Stuart“ und die Macht
der nackten Kerle. So schreibt Maike Schiller im HAMBURGER ABENDBLATT
(15.5.2022): „Was Martin Kušej, Intendant des
Wiener Burgtheaters, und sein phänomenales Ensemble mit Friedrich
Schillers 'Maria Stuart' anstellen, ist eine absolute Sternstunde des
Schauspielertheaters. Im vergangenen Sommer erst hatte die Produktion
bei den Salzburger Festspielen Premiere, beim Hamburger Theaterfestival
gastiert sie nun mit zwei Vorstellungen auf Kampnagel, die Premiere
wurde am Sonnabend zu Recht heftig bejubelt. So atemlos schaut man diesen
bild- und wortmächtigen Abend, als sähe man das ganze Stück
zum allerersten Mal. Zwei Dutzend nackte Männerhintern. Ein akustischer
Hieb – und der abgeschlagene Kopf der Maria Stuart schwingt über
den Leibern. Was für ein Bild zum Auftakt. Man wird sich einige
Szenen später an dieses grausige Pendeln erinnern, wenn sich Maria
und Elisabeth zum Königinnen-Gipfeltreffen begegnen, wenn die Bühne
erstmals leer ist, und nur eine einsame Glühbirne über ihren
Häuptern schwingt. Nicht nur die engsten Berater Norman Hacker
als verschlagener Burleigh, der Israeli Itay Tiran und Franz Pätzold
als die der Stuart verfallenen Leicester und Mortimer, sondern das gesamte
Umfeld. Kušej und seine Bühnenbildnerin Annette Murschetz
stellen die Frauen in eine lebendige Installation, eine Masse Mann aus
zumeist nackten Komparsen, denen in ihrer Breitbeinigkeit dennoch jegliche
Schutzlosigkeit abgeht. Ein präziser, brutaler, beklemmend faszinierender
Blick auf Schillers großes Trauerspiel. Wer keines der Hamburger
Gastspiele besuchen kann, sollte auf eine Fahrkarte nach Wien sparen.“
BURGTHEATER WIEN • 2021 (Pemiere) • 2022 • 2023 • 2024
„Verbanne deine treusten Freunde nicht, wirf sie nicht ins
Gefängnis, die für dich gehandelt haben, die jetzt für
dich schweigen. Mir aber, große Königin, erlaube, daß
ich das Siegel, das du mir zwölf Jahre vertraut, zurück in
deine Hände gebe.“
„Die Transponierung von der Perner-Insel in Hallein auf die
Bühne des Burgtheaters war erfolgreich. Martin Kušejs 'Maria
Stuart'-Inszenierung, die bei den Salzburger Festspielen Premiere hatte,
war am Sonntagabend als erste Vorstellung nach 307 Corona- und Umbau-bedingten
Schließtagen im Haus am Ring zu sehen und wurde umjubelt.“
/ „Die beiden Königinnen sind nicht nur als Sexobjekt den
Begehrlichkeiten der Männer ausgeliefert, sondern setzen ihre erotische
Anziehungskraft auch auf verschiedene Weise ein. Während Maria
in Verzweiflung beginnt und immer gefasster wird, je auswegloser ihre
Lage ist, geht sie lieber stolz in den Tod als gedemütigt in die
Freiheit. So löst sich die anfangs steife, würdige Haltung
der Elisabeth zunehmend auf. Kušej setzt da auch optisch auf starke
Signale. Während Maria ganz in Weiß zum - vom nackten Männerchor
mit blanken Schwertern gebildeten - Schafott geht, bleibt Elisabeth
in engem, roten Kleid als Königinnen-Statue einsam zurück.“
Bericht der APA aus den SALZBURGER NACHRICHTEN
(6.9.2021). […] „Man mag es vielleicht etwas
altmodisch finden, wie Kušej ganz seinen Schauspielern und der
Kraft von Schillers Worten vertraut. Ganz langsam dreht er an dramaturgischen
Schräubchen: Nach dem Zusammentreffen der beiden Königinnen
inszeniert er den fehlgegangene Anschlag auf Elisabeth als wildgewordenes
Karussell der nackten Männerkörper, bevor er wieder auf die
Bremse steigt. Dadurch entwickelt der Abend einen ungemeinen Sog. Die
Deutung indes, die Kušej mit seiner Brigade an Männerkörpern
anbietet, verortet das Intrigenspiel in einer Welt, in der die Macht
des Geschlechts jene des Status übertrifft. Das sollte uns bekannt
vorkommen.“ Bericht von Stephan Hilpold im STANDARD
(6.9.2021). […]
PREMIEREN 2021 • DERNIÈRE 2024 • ENSEMBLE
+ KOMPARSERIE
Der Premiere als erste Aufführung eines Theaterstücks, einer
Opern-Inszenierung oder eines Films, wie der Dernière als letzte
Darbietung einer Inszenierung an einem Spielort, folgt immer eine Feier.
An der Burg in Wien gab uns Bundespräsident Alexander van der Bellen
die Ehre, konnten wir bei der Premierenfeier 2021 – den Jubel
im Publikum mit ihm gemeinsam feiern. Es fällt nie leicht, eine
lnszenierung zu verabschieden, hatten wir nach der langen Spielzeit
mit 51.Vorstellungen von MARIA STUART aber einen temperamentvollen
Abschluss im Hause. Ich danke allen im Ensemle – Schauspieltruppe
wie Komparserie – für die uns immer begleitende wunderbare
Harmonie.
AUTOR: © Prof. Ali
Meyer | 2024
BILDERSERIEN: © Ali Meyer + Komparserie
+ SF / Matthias Horn
QUELLEN: Burgtheater Wien | MARIA
STUART » | Ali Meyer | ONSTAGE
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