GEORGIEN – DIE WIEGE DES WEINS – IN GHVINO VERITAS
BILD: Weinmotive im Kloster Sapara | Achalziche/Georgien
| 9.-10. Jahrhundert n. Chr. | IN VINO VERITAS | Der Neue Weinbau 4.0
Das Weinkulturland Georgien liegt zwischen 41° und 44° nördlicher
Breite, 40° und 47° östlicher Länge östlich der
Türkei und südlich des Kaukasus am Schwarzen Meer in Vorderasien.
An der Grenze zwischen Asien und Europa bildet Georgien ein Mosaik verschiedener
Kulturen und Religionen. Einerseits befindet sich Georgien in Asien,
wenn wir der gebräuchlichsten geografischen Grenzziehung von Europa
folgen. Andererseits können wir das Land Europa zuordnen, wenn
wir der Kultur und der Geschichte des Landes folgen. Es wird deshalb
von seinen Bewohnern als Balkon Europas bezeichnet. In Georgien umrankt
die Weinrebe das christliche Kreuz Symbol. Es ist das georgische Weinrebenkreuz,
Nino-Kreuz, mit den herunterhängenden Armen. Georgiens
Landesfläche entspricht in etwa jener vom „Freistaat“
Bayern. „Meine Heimat ist meine Ikone, und die ganze Welt
ist ihr (Ikonen-) Schrein, glänzendes Berg- und Tiefland teilen
wir mit Gott. Unsere heutige Freiheit lobpreist unsere Zukunft, der
Stern der Morgenröte erscheint und erleuchtet zwischen den zwei
Meeren, gepriesen sei die Freiheit, die Freiheit sei gepriesen.“
Das drückt zumindest die erste Strophe der georgischen Nationalhymne
aus. Was Georgien aber im Besonderen mit Gott teilt – die Perle
des Kaukasus ist die Wiege des Weins. Georgien und Wein sind zwei Begriffe
die untrennbar miteinander verbunden sind. Die Republik am Kaukasus
gilt als Ursprungsland des Weinanbaus. Es manifestiert einen eigenständigen
Charakter mit autochthonen Rebsorten und einer Tradition, die 5.800
bis 6.000 Jahre zurückreicht. Man sagt das von den weltweiten 4.000
Rebsorten über 500 aus Georgien stammen. Von hier verbreitete sich
der Wein mit seiner traditionellen Methode der Reifung in tönernen
Amphoren weiter über Mesopotamien, Ägypten und Griechenland
aus. Im Römischen Reich nannte man die Amphoren Dolium,
in Griechenland Pithos und in Spanien Tinaja.
BILD: Georgisches Festessen zur Weinernte
(Tweli) | Niko Pirosmani (1862-1918)
Der Kaukasus schützt Georgien vor Kaltluftwellen aus dem Norden
und erlaubt dem Schwarzen Meer, das Land zu erwärmen. Die durchschnittliche
Lufttemperatur schwankt zwischen 15 °C im West- und 11 °C bis
13 °C im Ostteil. Der durchschnittliche Niederschlag im Westen beträgt
3000 mm, im Osten 400 mm. Der Frühling in Georgien ist kurz mit
abrupten Klimaschwankungen, der Sommer oft sengend heiß. Der Herbst
ist sonnig-warm, der Winter schneearm. Die unterschiedlichen Höhen
der Gebirgszüge gepaart mit einre stark variierenden Niederschlagsmenge
schaffen insgesamt sieben Klimazonen. Von einem feuchten subtropischen
Klima im Westen bis hin zu einem trockenen und gemäßigten
Kontinentalklima im Osten reicht das Spektrum. Von Imeretien im Westen, bis Ratscha-Lechkhumi im Nordwesten, über Kartlien in Zentralgeorgien bis
Kachetien im Südosten erstrecken sich die vier Weinbauregionen des Landes. In der Region Kachetien werden 70 Prozent der georgischen Weine
angebaut, 2/3 der Rebflächen sind rote Trauben. Aus dem Traubentrester wird Chacha gebrannt, sozusagen der georgische Grappa.
BILD: © Shalva Samkharadze | Ancient
Georgian traditional Qvevri wine-making method
Weinkeller, „Marani“, gelten in Georgien als der
heiligste Ort im Haus der Familie. Die Tradition der Qvevri-Weinherstellung
definiert den Lebensstil der lokalen Gemeinschaften und ist ein untrennbarer
Bestandteil ihrer kulturellen Identität und ihres Erbes. Der Qvevri
ist ein eiförmiges Steingutgefäß, das zur Herstellung,
Alterung und Lagerung des Weins verwendet wird. An die acht Wochen kann
die Produktion eines großen Qvevri-Rohling dauern, welcher final
eine gute Woche lang bei rund 1.000 Grad Celsius gebrannt wird. Der
Vorgang ist zwar überliefert, werden es aber immer weniger Könner
die diese Kunst beherrschen. Bei der Weinherstellung werden die Trauben
gepresst und anschließend der Saft samt Maische in den Qvevri
gegossen. Die Weinamphoren mit einem durchschnittlichen Fassungsvermögen
von 10 bis 100 Liter, bei größeren Weingütern bis zu
2.000 Liter, sind komplett in die Erde eingelassen, wobei nur der Hals
aus dem Boden hervorschaut und er mit feuchtem Ton, Holz und Schieferstein
versiegelt wird. Der Wein darf dann vor dem Trinken bis zu einem halben
Jahr lang fermentieren. Die Dauer bestimmt der Weinbauer und vor allem
die Art des Weins. Bis heute pflegen georgische Winzer diese uralten
Techniken, die nun in der Weinherstellung zur Avantgarde mutieren. 2017
widmete die Cité du Vin in Bordeaux der georgischen
Weinkultur ihre erste große Sonderschau.
Der uns bekannte Begriff Wein soll in einer der vielen möglichen
Deutungen etymologisch auch von der altgeorgischen Bezeichnung Ghvino
abstammen. IN GHVINO VERITAS
– Von den weltweit drei Verfahren zur Weinherstellung, dem europäischen,
dem jüdischen und dem georgischen, erhob die Unesco im Jahre 2013
die Weinbereitung in Tongefäßen – Quvevris (Kvevris)
– zum Weltkulturerbe. Diese Methode wurde in die repräsentative
Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
AUTOR: Prof. Ali Meyer
BILD: Rtvelisi | Wines & Spirits | Tbilisi Georgia
Unsere Serie durch den Weinbau der Welt – GEORGIEN – wird
noch mit einem detailierten Bericht aus der georgischen Weinwelt vervollständigt.
Die Vorstellung erfolgt – der grenzenüberschreitenden Corona
Pandemie geschuldet – möglicherweise erst 2021/22.

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