Freitag, den 09. Mai 2025

ALTE WELT vs. NEUE WELT

Der Wein als Getränk hat – neben seiner geschmacklichen und olfaktorischen Wahrnehmung – noch eine wirklich große gesellschaftliche Bedeutung. Er hält bei maßvollem und gemeinsamem Genuss – im wahrsten Sinn des Wortes – unsere Gesellschaft zusammen. Er offenbart eine enorme soziale Komponente.

Es ist noch nicht solange her, da oblag es Geschmacksdiktatoren und den sogenannten Weinpäpsten dem Konsumenten zu erklären, wo es langginge. Die globale Vernetzung unserer digitalen Welt mit ihren diversen Anwendungswerkzeugen, speziell jene der Neuen Medien gleich Facebook, Twitter, Youtube oder Pinterest, zeigt es auf: Die Weinwelt rückt immer näher zusammen. Mit bester Ausbildung, guter Technologie und einer Menge an Herz werden schon seit mehreren Generationen auch außerhalb Europas hervorragende Weine geschaffen. Und die Konsumenten haben viel gelernt.

Eigentlich müßte die Phrase durch ein Bindewort ersetzt werden und nun Alte Welt und Neue Welt heißen. Der möglicherweise als Kampfansage verstandene althergebrachte Begriff „versus“ – sollte zumindest den internationalen Wettbewerb beflügeln und zu noch höheren Qualitäten führen.

BILD: Die Welt | IN VINO VERITAS | Der Neue Weinbau 4.0

IN VINO VERITASSERIE
DER WEINBAU EROBERT DIE WELT
GEORGIEN – DIE WIEGE DES WEINS

Was ist wo los? Im unteren LÄNDER-LEITFADEN » findet man einen Auszug der Ursprünge und Orte des Kulturgutes Wein. Von der Alten Welt in die Neue Welt und wieder zurück. Der Weinbau erobert die Welt.


GEORGIEN – DIE WIEGE DES WEINS – IN GHVINO VERITAS

BILD: Weinmotive im Kloster Sapara | Achalziche/Georgien | 9.-10. Jahrhundert n. Chr. | IN VINO VERITAS | Der Neue Weinbau 4.0

Das Weinkulturland Georgien liegt zwischen 41° und 44° nördlicher Breite, 40° und 47° östlicher Länge östlich der Türkei und südlich des Kaukasus am Schwarzen Meer in Vorderasien. An der Grenze zwischen Asien und Europa bildet Georgien ein Mosaik verschiedener Kulturen und Religionen. Einerseits befindet sich Georgien in Asien, wenn wir der gebräuchlichsten geografischen Grenzziehung von Europa folgen. Andererseits können wir das Land Europa zuordnen, wenn wir der Kultur und der Geschichte des Landes folgen. Es wird deshalb von seinen Bewohnern als Balkon Europas bezeichnet. In Georgien umrankt die Weinrebe das christliche Kreuz Symbol. Es ist das georgische Weinrebenkreuz, Nino-Kreuz, mit den herunterhängenden Armen. Georgiens Landesfläche entspricht in etwa jener vom „Freistaat“ Bayern. „Meine Heimat ist meine Ikone, und die ganze Welt ist ihr (Ikonen-) Schrein, glänzendes Berg- und Tiefland teilen wir mit Gott. Unsere heutige Freiheit lobpreist unsere Zukunft, der Stern der Morgenröte erscheint und erleuchtet zwischen den zwei Meeren, gepriesen sei die Freiheit, die Freiheit sei gepriesen.“ Das drückt zumindest die erste Strophe der georgischen Nationalhymne aus. Was Georgien aber im Besonderen mit Gott teilt – die Perle des Kaukasus ist die Wiege des Weins. Georgien und Wein sind zwei Begriffe die untrennbar miteinander verbunden sind. Die Republik am Kaukasus gilt als Ursprungsland des Weinanbaus. Es manifestiert einen eigenständigen Charakter mit autochthonen Rebsorten und einer Tradition, die 5.800 bis 6.000 Jahre zurückreicht. Man sagt das von den weltweiten 4.000 Rebsorten über 500 aus Georgien stammen. Von hier verbreitete sich der Wein mit seiner traditionellen Methode der Reifung in tönernen Amphoren weiter über Mesopotamien, Ägypten und Griechenland aus. Im Römischen Reich nannte man die Amphoren Dolium, in Griechenland Pithos und in Spanien Tinaja.

BILD: Georgisches Festessen zur Weinernte (Tweli) | Niko Pirosmani (1862-1918)

Der Kaukasus schützt Georgien vor Kaltluftwellen aus dem Norden und erlaubt dem Schwarzen Meer, das Land zu erwärmen. Die durchschnittliche Lufttemperatur schwankt zwischen 15 °C im West- und 11 °C bis 13 °C im Ostteil. Der durchschnittliche Niederschlag im Westen beträgt 3000 mm, im Osten 400 mm. Der Frühling in Georgien ist kurz mit abrupten Klimaschwankungen, der Sommer oft sengend heiß. Der Herbst ist sonnig-warm, der Winter schneearm. Die unterschiedlichen Höhen der Gebirgszüge gepaart mit einre stark variierenden Niederschlagsmenge schaffen insgesamt sieben Klimazonen. Von einem feuchten subtropischen Klima im Westen bis hin zu einem trockenen und gemäßigten Kontinentalklima im Osten reicht das Spektrum. Von Imeretien im Westen, bis Ratscha-Lechkhumi im Nordwesten, über Kartlien in Zentralgeorgien bis Kachetien im Südosten erstrecken sich die vier Weinbauregionen des Landes. In der Region Kachetien werden 70 Prozent der georgischen Weine angebaut, 2/3 der Rebflächen sind rote Trauben. Aus dem Traubentrester wird Chacha gebrannt, sozusagen der georgische Grappa.

BILD: © Shalva Samkharadze | Ancient Georgian traditional Qvevri wine-making method

Weinkeller, „Marani“, gelten in Georgien als der heiligste Ort im Haus der Familie. Die Tradition der Qvevri-Weinherstellung definiert den Lebensstil der lokalen Gemeinschaften und ist ein untrennbarer Bestandteil ihrer kulturellen Identität und ihres Erbes. Der Qvevri ist ein eiförmiges Steingutgefäß, das zur Herstellung, Alterung und Lagerung des Weins verwendet wird. An die acht Wochen kann die Produktion eines großen Qvevri-Rohling dauern, welcher final eine gute Woche lang bei rund 1.000 Grad Celsius gebrannt wird. Der Vorgang ist zwar überliefert, werden es aber immer weniger Könner die diese Kunst beherrschen. Bei der Weinherstellung werden die Trauben gepresst und anschließend der Saft samt Maische in den Qvevri gegossen. Die Weinamphoren mit einem durchschnittlichen Fassungsvermögen von 10 bis 100 Liter, bei größeren Weingütern bis zu 2.000 Liter, sind komplett in die Erde eingelassen, wobei nur der Hals aus dem Boden hervorschaut und er mit feuchtem Ton, Holz und Schieferstein versiegelt wird. Der Wein darf dann vor dem Trinken bis zu einem halben Jahr lang fermentieren. Die Dauer bestimmt der Weinbauer und vor allem die Art des Weins. Bis heute pflegen georgische Winzer diese uralten Techniken, die nun in der Weinherstellung zur Avantgarde mutieren. 2017 widmete die Cité du Vin in Bordeaux der georgischen Weinkultur ihre erste große Sonderschau.

Der uns bekannte Begriff Wein soll in einer der vielen möglichen Deutungen etymologisch auch von der altgeorgischen Bezeichnung Ghvino abstammen. IN GHVINO VERITAS – Von den weltweit drei Verfahren zur Weinherstellung, dem europäischen, dem jüdischen und dem georgischen, erhob die Unesco im Jahre 2013 die Weinbereitung in Tongefäßen – Quvevris (Kvevris) – zum Weltkulturerbe. Diese Methode wurde in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.

AUTOR: Prof. Ali Meyer

BILD: Rtvelisi | Wines & Spirits | Tbilisi Georgia

Unsere Serie durch den Weinbau der Welt – GEORGIEN – wird noch mit einem detailierten Bericht aus der georgischen Weinwelt vervollständigt. Die Vorstellung erfolgt – der grenzenüberschreitenden Corona Pandemie geschuldet – möglicherweise erst 2021/22.

 

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