CHINA
– AUS DEM REICH DER MITTE
BILD oben rechts: issued by IN VINO VERITAS
Die Bezeichnung „Reich der Mitte“ war ursprünglich
ein Plural. Er beschrieb die geografische Lage kleiner Fürstentümer
am Gelben Fluss, Huang He. Nach dem Jangtsekiang ist er der zweitlängste
Fluss Chinas und der viertlängste einzelne Fluss der Erde. Der Gelbe
Fluss liegt im Norden Chinas, der Jangtse weiter im Süden.
Diese um den Huang He gruppierten „Staaten der Mitte“
bilden den Kern des heutigen China. Im Laufe der Jahrhunderte gruppierten
sich weitere Staaten um diesen geografischen Mittelpunkt. Der „erste
Kaiser von Qin“, der Potentat Qin Shi Huang (259-210 v. Chr.)
vereinte im Jahr 221 vor Christus diese „Länder der Mitte“
zum sogenannten Reich der Mitte, Zhong Guo. Über
viele Jahrhunderte hat sich das chinesische Reich bis nach Mittel- und
Südasien ausgedehnt.
Das Helan-Gebirge (Helan Shan) ist ein nordwestlich von Yinchuan gelegener
über 200 km langer und 15–50 km breiter, durchschnittlich
mehr als 2000 m hoher Gebirgszug, der die Grenze zwischen der Inneren
Mongolei und Ningxia bildet. Diese autonome Region
Ningxia Hui im Nordwesten ist Chinas kleinste und drittärmste Provinz.
Dieser Landstrich ist auf dem guten Wege die innovative Weingegend gleich
dem Nappa Valley zu werden. Man ist mehr als bestrebt und auch schon
erfolgreich damit Spitzenweine zu produzieren. Vorbilder sind neben
Kalifornien das neuseeländische Marlborough oder Mendoza in Argentinien.
Dafür hat der chinesische Staat unheimlich viel Geld in die Hand
genommen. Um dem stetigen Vorrücken der Wüste Gobi zu begegnen
wurde der Weinanbau forciert. Neben den Pflanzungen und der Pflege der
Weinreben in den ehemaligen Wüstengebiet – zehntausende Hektor
wurden bis heute bepflanzt – wird auch in den Bau von architektonisch
nahezu märchenhaften Weingütern – in entsprechende Verkostungwettbewerbe
und final in dazu passende Großmessen – kräftig investiert.
Nach der erfolgreichen Jungfernveranstaltung in Peking im Jahr 2018
hat der Concours Mondial de Bruxelles die Weinregion
Ningxia ausgewählt, um seinen 28. Wettbewerb im Mai 2021 auszurichten
und das Herz der chinesischen Weinindustrie zu erkunden. Die neunte
Ningxia International Wine Expo fand vom 22. bis 23.10.2020 in Yinchuan
am östlichen Fuße des Helan-Gebirges statt.
Anfangs setzten die Staatswinzer lediglich auf Volumen und nicht auf
Qualität. Wie in China nicht unüblich gibt es gewisse Staatsziele.
Um die Vorgaben der zu erreichenden Menge erfüllen zu können,
etikettierte der eine oder andere chinesische Winzer importierten australischen
bzw. chilenischen Wein mit ihrem eigenen Label um. Im Jahr 2011 erließ
die Regierung von Ningxia eine Reihe gesetzlicher Richtlinien, einerseits
um die Weinbranche zu regulieren und andererseits Weinkellereien zu
ermutigen, Qualitäts- und Markenweine zu produzieren. Mittlerweile
gilt China vor Neuseeland als fünftgrößter Weinproduzent
der Welt. China möchte nicht 100 Jahre warten bis ihr eigenes Produkt
Wein Weltklasse erreicht. Ich meine vergleichsweise wie die Japaner
mit ihrem Whisky. China will das mit dem Rebensaft innerhalb von 20
Jahren schaffen. Bis zum Jahresende 2020 haben mehr als 1.000 Weinvarianten
von 50 lokalen Chateaus hochrangige Weinwettbewerbe auf der ganzen Welt
gewonnen. Ningxia hat sich rasch zu einer wichtigen Weinbauregion in
China entwickelt. Momentan sind 32.800 Hektar Weinrebenplantagen ansässig,
92 Weingüter in 6 Subregionen mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität
von 200.000 Tonnen Trauben, die einen Ertrag von 130 Millionen Flaschen
Wein p.a. erbringen. Das stellt einen Produktionswert von 26,1 Milliarden
Yuan (ca. 3,9 Milliarden US-Dollar) dar. Ningxia geht davon aus bis
2025 die Weinbergflächen auf 66.667 Hektar zu erweitern und die
jährliche Weinproduktion auf 300 Millionen Flaschen mit einem Gesamtwert
der industriellen Produktion auf 100 Milliarden Yuan zu steigern. Der
Wein aus dieser Region wird bis dato weltweit in über 20 Länder
exportiert.
Es gibt neben den Staatswinzern eine Reihe von Privat-Initiativen.
Gao Yuan ist eine davon. Ganze zwei Jahre studierte
die Chinesin in Europa an der Faculté d'œnologie de Bordeaux
Anbauverfahren, Microbiologie von Rebsorten und Kellereitechnik. Die
Liebe zu Gao Yuan ließ einen französichen Kellermeister eines
traditionreichen Weinguts ihr nach China folgen. Die heute 15 jährige
gemeinsame Tochter ist nun auch schon im Betrieb tätig. Was Gao
Yuans Vater Gao Lin als Staatsbeauftragter zur Erschließung des
Weingebietes Ningxia begann, führt sie nun professionell weiter.
Sogar eine Ausbildung zum Naturweinmachen in Slowenien während
der Pandemiezeit mußte ihren Wissensdurst stillen. 70 Hektar umfasst
ihr Weingut Siver Heights heute. 2010 erwähnte der Weinkritiker
Jancis Robinson in dem von der Financial Times veröffentlichten
Artikel „Der frische Duft des chinesischen Weins“
„einen weiteren neuen Stern in der chinesischen Weinindustrie“.
Der "neue Stern", auf den sich Jesses bezog, war
das Silver Highland Winery in Ningxia. Gegenwärtig empfangen die Chateaus von Ningxia mehr als 600.000
Touristen pro Jahr. Auf 1.200 Höhenmetern bei
reichlich Sonnenlicht und mineralischen Böden – mit reichhaltiger
Bewässerung – wachsen hervorragende Reben, wenn man weiß
wie. Allerdings sind bei 20 Grad minus im Winter die Reben besonders
vor dem Frost zu schützen, werden unter der Erde vergraben –
viel Arbeit also. Die Früchte dieser Arbeit können sich sehen
– besser gesagt schmecken lassen. Gao Yuan´s roter Cuvée
The Summit rangiert unter den bestbewerteten Weinen
weltweit. Die Silver Heights Winery ist eine der wenigen
privaten Familienweingüter, deren Weine beim Staatsbankett Chinas
kredenzt wurden.
BILDER Mitte: ©
Ningxia Gaoyuan Silver Heights Winery | issued by IN VINO VERITAS
AUTOR: Prof. Ali Meyer
BILD unten: © Collage Ali Meyer | Weinbau im Reich
der Mitte | issued by IN VINO VERITAS
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