LA
BOHÈME – HOMMAGE AN CHARLES AZNAVOUR
100-JÄHRIGES JUBILÄUM
Der Einladung des Botschafters Armeniens in Österreich, S.E. Armen
Papikyan und der des Geschäftsträgers des Französischen
Botschafters in Österreich, Chargé d'affaires Frédéric
Joureau zum 100-jährigen Jubiläum von Charles Aznavour folgend,
fanden wir uns am 22. Mai 2024 im Theater Akzent in der Wiener Theresianumgasse
zum Konzert ein. Der Grandseigneur der Musikszene, Béla Korény
am Klavier, die internationale Mezzosopranistin Stella Grigorian und
der österreichische Schauspieler und Oscar-Preisträger Karl
Markovics, er liest Jean Cocteau und auch er singt Lieder von Charles
Aznavour, führten uns alle musikalisch durch den Abend. Béla
Korény, Komponist, Musiker und wahrscheinlich engagiertester
Chronist der guten Unterhaltung der vergangenen hundert Jahre, hat gemeinsam
mit seinen Kolleginnen und Kollegen, allesamt gefeierte Heldinnen und
Helden auf den heimischen Bühnen, hinreissende Programme vorbereitet,
mit denen sie wieder in Wien, ganz Österreich und bisweilen auch
international begeistern, so zumindest nach eigener Definition. Wir
erinnern uns gerne an seine legendäre Broadway Piano Bar, die 2007
einem Immobilienlöwen zum Opfer fiel.
NAPOLEON DES CHANSONS
Shahnourh Vaghinag Aznavourian – so hieß
ursprünglich der am 22. Mai 1924 Rive Gauche auf der linken Uferseite
der Seine im Pariser Studentenviertel Quartier Saint-Germain-des-Prés
in armen Verhältnissen geborene Charles Aznavour. Der Sänger
hat das französische Chanson weltweit äußerst populär
gemacht, fast 200 Millionen Platten am Globus verkauft. In Auszeichnung
seiner Leistung erhielt er den klingenden Beinamen „Napoleon
des Chansons“. Der armenisch-französische Chansonnier,
Liedtexter und Komponist wäre 2024 nun 100 Jahre alt geworden.
Die Stimme der französischen Melancholie als Musikikone war zudem
ein viel beschäftigter Schauspieler, hat er immerhin in über
70 Filmen mitgewirkt, unter anderem 1979 in der mit dem Oscar prämierten
Verfilmung „Die Blechtrommel“ von dem Deutschen
Volker Schlöndorff und 2002 in Reflexion über
Künstler, Erinnerung und die armenische Geschichte „Ararat“
von dem Kanadier Atom Egoyan, ein Sohn einer Künstlerfamilie
und Angehöriger der armenischen Minderheit.
ZART SANDIG AUFGERAUTES TIMBRE
Aznavourian – Sohn armer armenischer Einwanderer – musste
seinen Erfolg hart erkämpfen. In der Anfangszeit durfte er vernichtende
Kritiken einstecken, denn seine Stimme stieß vorerst auf Ablehnung.
Aber das zart sandig aufgeraute Timbre ließ final melodische und
sprachliche Bögen mit unfassbarer Selbstverständlichkeit erstrahlen,
machte ihn einzigartig. Sie ließ den 1,61 m kleinen und schmächtigen
Mann mit den dunklen Balken von Augenbrauen zum Show-Giganten werden,
gab der Traurigkeit in seinen Liedern einen so eleganten Schwung. Der
Durchbruch gelang ihm erst 1946, als Édith Piaf auf ihn aufmerksam
wurde und ihn auf eine Tournee durch Frankreich und die Vereinigten
Staaten mitnahm. In seiner sieben Jahrzehnte umspannenden Karriere schrieb
er fast tausend Lieder.
|> „Mit diesem Timbre von Sand und Rost, wie es ein Zeitgenosse
beschrieb, sang er Texte, wie es sie zuvor im Genre des französischen
Chansons nicht gegeben hatte: über die Symptome der Liebe (‚J’en
déduis que je t’aime‘) und ihre körperlichen
Freuden (‚Après l’amour‘), über Frauen,
die sich gehen lassen (‚Tu t’laisses aller‘), und
einsame Transvestiten (‚Comme ils disent‘), über die
Kriegskinder (‚Les enfants de la guerre‘) und die Lebenskünstler
(‚La Bohème‘).“ <|*Zitat
DIPLOMATIE
Als ehemaliger armenischer Botschafter in der Schweiz im Amt und ständiger
Vertreter Armeniens bei den Vereinten Nationen in Genf sowie Vertreter
Armeniens bei der UNICEF, zeugen von einem hohen Maß an Diplomatie,
runden das multikulturelle Bild dieses außergewöhnlichen Talentes Aznavour.
Diese völkerverbindende Persönlichkeit Aznavour als Symbiose
der Zeitgeschichte aus Musik, Schauspiel und Diplomatie begab sich als
Grund einer Hommage an eben diesen seitens der zwei Länder, die
stets in seinem Herzen präsent waren – Frankreich und Armenien.
Der Theaterabend wurde von Béla Korény nicht nur furios
am Klavier begleitet sondern von ihm auch hinterfragend moderiert. Das
waren amüsante Geschichten im Zusammenfinden von Charles Aznavour
mit Edith Piaf, vieles textlich launisch vorgetragen von Karl Markovics.
Eben seine Gesangseinlagen fand ich besonders spannend, da bei ihm mit
dem Ende eines Musikstückes sprachlich der letzte Buchstabe des
Textes ganz hintenan hörbar war, man sogar den Punkt am Ende des
Satzes spürte, die Kunst der Sprache eines großen Schauspielers
geniessen durfte. Die Lieder des großen Sängers Charles Aznavour
nicht durch einen Mann, sondern durch die stimmgewaltige Mezzosopranistin
Stella Grigorian erklingen zu lassen fand ich eine großartige
Idee und Präsentation, gäbe es für Aznavour ja niemals
ein männliches Double. Den anschließenden Empfang in der
französischen Botschaft fand ich dem Anlass angemessen. Natürlich
verbindet Frankreich und Armenien noch eines – und das ist der
Wein.
AUTOR: © Prof. Ali
Meyer | 2024
3er KÜNSTLERPORTRAIT:
© Moritz Schell | La Boheme | Béla Korény
| Stella Grigorian | Karl Markovics
*ZITAT: Thomas Steiner | Badische
Zeitung
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